Was ist Utopie und warum hat es so eine große Anziehungskraft?
Was wäre wenn es irgendwo ein Land gäbe in dem die Vernunft regiert, wo Milch und Honig fließen, niemand leiden muss, die Menschen nett zueinander sind und es keine Armut gibt? Irgendwo hinter dem Regenbogen, auf dem Grund des Meeres, Metropolis, das gelobte Land.
Einer der ersten, der solche Gedankengänge zu Papier brachte war der Brite Thomas Morus, der 1516 seinen Roman „Utopia“ über einen Seemann verfasste, der auf einer Insel namens Utopia strandete. Ganz im Sinn der Bedeutung des Wortes, fand er dort eine Gesellschaft vor, die füreinander und miteinander lebt, statt gegeneinander und immer in Konkurrenz. Warum fasziniert den Menschen von heute die Vorstellung einer perfekten Welt so sehr, obwohl wir genau wissen, dass Vorstellung und Realität nie miteinander vereinbar sein werden?
Der menschliche Verstand ist sehr komplex. Für den Verstand ist es relevant, den Weg zu kennen, nur dann ist für ihn jedes Ziel erreichbar. Wenn er mit etwas gespeist wird, von dem er noch nie etwas gehört hat, hält er es für unmöglich. Die Utopie gibt es nicht, es kann sie gar nicht geben, das ist ihre Daseinsberechtigung. Sie ist immer auch eine Mischung aus Wunsch und Hoffnung, dabei ist der Wunsch immer das irreale. Im innersten ist allen Menschen bewusst, ob sie es sich zugestehen oder nicht, dass sie ohne Hunger, Angst und in Freiheit leben könnten – Es könnte alles anders sein, darin liegt die Faszination. Auf der ganzen Welt hat sich die gesellschaftliche Apparatur dennoch so sehr verhärtet, dass das was sich als greifbare Möglichkeit der Erfüllung präsentierte heute als Unmöglich wahrgenommen wird. Der Begriff der Utopie lässt sich dabei auf unzählige Themenbereiche anwenden und ist damit so breit gefächert wie kein anderer Begriff, dennoch hat er immer eine negative Konnotation in den Köpfen der Menschen – dahinter steht immer die Tatsache der Unmöglichkeit. Hinzu kommt der zugehörige Begriff der Realität, die bekanntlich für jeden Menschen eine andere ist. Wir leben nicht alle in der gleichen Welt, mit den gleichen Vorstellungen über Recht und Unrecht, Gut und Böse, wahr oder falsch. Jeder Mensch schafft sich seine eigene Wahrheit, damit seine ganz individuelle Realität und davon ableitend auch seine ganz eigene Vorstellung von Utopie. Wir sind besessen damit, unser Dasein zu verbessern, ihm einen Sinn zu geben. So fragen sich viele Menschen, ob jede Wunschvorstellung gleichzeitig eine Utopie ist, sind wir in der Lage unsere Wünsche umzusetzen? Oder scheitern wir bereits an der richtigen Denkweise? In diesem Sinne kann alles und jeder Gedanke als Utopie bezeichnet werden, denn eine hundertprozentige Übereinstimmung zwischen Realität und Wunsch kann es niemals geben. Sozialismus, Kapitalismus, Inklusion und Revolution sind alles Utopien, die einen jeweils eigenen Kontext voraussetzen und aufgrund ihrer vielen verschiedenen Auffassungsweisen durchaus als utopische Wunschvorstellungen abgetan werden können. Der Mensch strebt danach, die beste Version seiner selbst zu sein und vielleicht liegt bereits darin eine weitere Utopie begründet. Woher will man wissen, wann man sein Ziel erreicht hat und woher nimmt man die Gewissheit, dass auch alle anderen Menschen so empfinden? Utopie ist eine Vorstellung die weit weg von kollektivem Denken liegt, weil sie für jeden Menschen eine andere Ausprägung besitzt.
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